Der Kiez hält zusammen

Die Reeperbahn in der Corona-Krise

Eine Reportage über die wohl berühmteste Straße der Welt. Hier - wo sonst das Leben tobt, wo Bordelle, Kneipen, Theater und Clubs rund um die Uhr geöffnet haben, steht das Leben plötzlich still. Eine historische Herausforderung für die Bewohner und Geschäftsleute - selbst in den Bombennächten im Ersten und Zweiten Weltkrieg war das nicht passiert. 

 

Von einem Tag auf den anderen ist die wichtigste Lebensader gekappt. Die überaus außergewöhnliche soziologische und wirtschaftliche Struktur des Viertels sorgt dafür, dass seine Bewohner noch sehr viel stärker als andere an den Folgen der Corona-Pandemie leiden werden. Der Pleitegeier kreist über dem Kiez, tausende von Existenzen und Arbeitsplätzen sind auf engstem Raum bedroht, das Wort Insolvenz macht überall die Runde. Viele hier arbeiten schon in normalen Zeiten am Rande der Legalität. Fast alle leben davon, dass sich Menschen treffen, begegnen, miteinander feiern oder sich lieben. Unvorbereitet stehen jetzt viele vor dem wirtschaftlichen Aus. Dazu kommen die Menschen, die sich im Schatten der Glitzerwelt eingerichtet haben, deren soziales Umfeld die Kneipen und Bars der Straße waren, die vom Flaschensammeln lebten oder den Spenden der Partygäste. Ihnen fehlen neben den Einnahmen ein sicherer Schlafplatz, die Möglichkeit, sich zu waschen, und sozialer Anschluss. 

 

Doch der Kiez wäre nicht der Kiez, wenn er sich nicht zu helfen wüsste. Und so erwacht nach der ersten Schockstarre das, was das Viertel immer auch geprägt hat: Kreativität, Solidarität und Zusammenhalt. Die Autoren Alexander Cierpka und Tom Häussler erleben wie ein Polizeibeamter der Davidwache plötzlich zur Vertrauensperson wird, wie sich die härteste Kneipe auf dem Kiez in eine Suppenküche verwandelt und welche Ideen Prostituierte und Barbesitzer entwickeln, um in dieser Krise zu bestehen.